Honduras, wie hört sich das an? Von jedem unbekannten Land hat man ja vorher schon so eine vage Vorstellung im Kopf, so eine Erwartungshaltung. Bilder, die sich aus Berichten oder zufällig aus einem Film oder einem Buch eingebrannt haben. Beim Gedanken an Bolivien zum Beispiel waren es Berge und leider die Armut. Peru hat mir immer sofort das Bild von Frauen, die in bunte dicke Decken gewickelt sind, in den Sinn gerufen. Und Panama war vorher irgendwie mit Briefkästen verknüpft. Das erste Mal haben wir nun keine wirkliche Vorstellung. Drogen, kriminell, grüner Dschungel, weißer Sandstrand? Keine Ahnung, was uns erwartet!

Nach der Einreise wollen wir gleich ein wenig Strecke machen. Direkt an der Hauptstraße finden wir ein Schwimmbad, der nette Besitzer lässt uns direkt neben seinen Schwimmbecken schlafen. Wir bestellen dafür am nächsten Morgen ein Frühstück in seinem Restaurant – Konsumieren gegen bewachtes Parken, die Methode funktioniert echt hervorragend. Das typische Frühstück hier? Schwierige Frage. Der Witz wird langsam echt zäh, aber ich werd ihn trotzdem nochmal anwenden: „Zur Abwechslung haben wir dieses Mal was Neues probiert! Tortillas mit Bohnenmus, Reis und Avocado, dazu ein hervooorragendes Spiegelei! Unfassbar, die Kombination!“ Ok, lassen wir’s…

Wir düsen durch die Wälder und Berge, ab an die Küste. Im Mangrovenreservat Cuero y Salado sollen Manatis leben, die karibischen Rundschwanzseekühe. Die Säugetiere mit ihren knubbeligen Nasen, die ein bißchen wie zu dick geratene Robben aussehen, wollen wir sehen! Auch wenn es hier im trüben Wasser wohl schwierig ist, sie vor die Linse kriegen. Einziges Verkehrsmittel in das Reservat und das benachbarte Dorf ist ein alter Bananen-Zug. Mit Dorfbewohnern, Zementsäcken und Kokosnüssen beladen tuckern wir dorthin. Über das Reservat wissen wir wenig aktuelles, der Ticketschalter der Bananenbahn ist gleichzeitig die Touristeninfo, der nette Herr Kartenabreißer hat jedoch keine Ahnung von Preisen und Touren im Park, viele Touristen gibt’s hier nicht. Er stellt uns per Telefon zum Parkeingang durch und der Parkwächter am anderen Ende der Leitung nennt uns die Preise. 45 Minuten und eine Bimmelbahn-Motor-Reparatur später steigen wir im friedlichen Dorf aus und wollen per Boot durch die Mangroven schippern. Die Preise, die wir nun für den Parkeintritt und ein Boot mit Guide aufgedrückt bekommen, sind bei weitem nicht die, die wir am Telefon bekommen haben. Die Parkwächter sind auf einmal recht stumm, wir fühlen uns irgendwie veräppelt – aber jetzt sind wir eben schon da, also drücken wir deutlich zu viel für einen netten Bootsausflug ab. Auch eine Verkaufsstrategie! Tiere zu erspähen bleibt uns leider auch vergönnt, auch wenn die Parkwächter dafür natürlich nichts können… schade, kein guter Einstieg in Honduras…

Wir fahren weiter zum Hafen von La Ceiba, unsere Euphorie kommt langsam wieder, denn die Bay Islands im karibischen Meer Honduras’ haben wir uns vorgenommen. Wir lesen im Internet von Roatán, einem noch recht unberührten Kite-Paradies, und von Utila, DER Insel der günstigen Tauch- und Schnorchelausflüge. Bei genauerer Recherche wird jedoch schnell klar, dass Roatán unser Budget übersteigt, und als wir am nächsten Morgen schon mit gepackten Rucksäcken an der Fähre zu Utila stehen, erfahren wir zähneknirschend, dass die ehemals günstige Fährverbindung geschlossen wurde und es nur noch ein teures Express-Boot gibt. Und dieses Express-Schiffchen hat gleich mal seine Preise ums Dreifache erhöht. Wir steigen sofort wieder in den Bus und fahren frustriert weiter, mit solchen Begegnungen wird das nichts, mit Honduras und uns. Vorbei an (vermüllten) karibischen Stränden geht’s wieder ins Innenland, zum Lago de Yojoa, zur Tropfsteinhöhle von Taulabé und in die Bergstädtchen um Gracias. Immer wieder wollen wir irgendetwas besichtigen, sei es Höhle oder Burg, und immer haben sich Preise und Regulationen im Vergleich zu unseren Reiseführern von 2015 ziemlich drastisch in Richtung „teuer“ oder „verboten“ verändert. Honduras entdeckt wohl den Tourismus, oder wie?

Das von Putschen, den Bürgerkriegen der benachbarten Ländern und den konstanten US-Interventionen geprägte Land scheint in einem Auf und Ab zu leben. Der Export von Kaffee, Bananen und Zucker hält das Land aufrecht, die hohe Kriminalitätsrate und die enorme Abwanderung u.a. in die USA zeigen die andere Seite. Immerhin hat das Land schon mal einen Rekord inne, „weltweit höchste Mordrate“, nicht gerade berauschend. Touristen sind (statistisch) davon so gut wie nie betroffen, die Kriminalität spielt sich zwischen den Banden und Drogenkartellen ab, die ganze Landstriche beherrschen. Für uns ist das alles unsichtbar, wir fühlen uns ziemlich wohl. Obwohl sich das Camping-Verhalten im Vergleich zu Südamerika schon geändert hat. Im südlichen Kontinent sind wir fast nie Campingplätze angefahren, wo es uns gefallen hat oder die Müdigkeit gesiegt hat, sind wir stehengeblieben, mitten in der Pampa oder am Straßenrand. In Mittelamerika ist man selten allein, Menschen leben dichter, es gibt weniger freie Fläche und wir werden vor allem in Küstengebieten öfters gewarnt, lieber nicht allein am Strand zu campen. Gäbe es für Zentralamerika eine Punktekarte für Tankstellen, hätten wir wohl mittlerweile zumindest schon die Silberkarte im Geldbeutel. Tankstellen sind nämlich perfekte Übernachtungsplätze. Manchmal gibt es WiFi, der Wachmann mit dem Rund-um-die-Uhr-Finger am Abzug seines Gewehrs freut sich stets über ein kleines Trinkgeld, wir kochen ihm noch einen Kaffee und haben ein nettes Gespräch. Was will man mehr? 😉 Die Wachmann-Frequenz ist überhaupt extrem, seit Panama stehen vor Läden, Supermärkten und Getränkelastern bewaffnete Aufpasser, Tag und Nacht. Links WhatsApp, rechts die Knarre, vielleicht fühlen wir uns ja deshalb so sicher!

Wir haben lange keine Steinhaufen mehr bewundert! Die Inkas haben wir ja schon hinter uns gelassen, mittlerweile sind wir im Reich der Mayas angekommen. Die Ruinen von Copán an der Grenze zu Guatemala steuern wir an. Unzählige Schlaglöcher führen uns dorthin, vor allem macht die Straße besonders viel Freude, wenn man sie bei Dunkelheit fährt – jedes Loch ein Treffer…

Das Handels- und Militärzentrum im Tal von Copán gedieh bis zu Beginn des 9. Jahrhunderts n. Chr. unter Herrschern mit interessanten Namen wie „Rauch-Jaguar“ oder „18 Kaninchen“ zu einem der großen Zentren der Maya-Kultur. Dann jedoch verlor die Stadt die Macht, bis heute ist nicht klar, was mit den Mayas in dieser Zeit geschah. Im 16. Jahrhundert wurde die Stadt von den Spaniern wiederentdeckt, und noch heute wird fleißig geschaufelt und gegraben. Unter den sichtbaren Ruinen liegen ältere Tempel, die durch neue überbaut wurden. Archäologen haben über unterirdische Tunnel Zugang zu den früheren Gebäuden geschaffen. Die Rekonstruktionen der erstaunlich ausgearbeiteten Stelen und Skulpturen und die Vorstellung der unterirdisch vorhandenen Bauten sind faszinierend, wir streifen einige Stunden durch das Gelände, zusammen mit den vielen bunten Aras, die hier leben.

Insgesamt können wir von Honduras nicht sehr viel Spektakuläres berichten. Wir haben, zumindest in den Ecken, die wir besucht haben, den Eindruck, dass die touristischen Sachen in den letzten beiden Jahren unverhältnismäßig teuer geworden sind, ohne einen Mehrwert zu haben. Das passt einfach nicht zum Rest des Landes, in dem man für 2,50 Euro eine üppige Mahlzeit bekommt. Honduras: leider nicht unser Lieblingsland.