„In diesen verlassenen Bergen, zu Fuß unterwegs zwischen Felsen und hochgelegenen Dörfern, ist es noch möglich, all die Veränderungen zu vergessen, die in der Welt und in Griechenland stattgefunden haben.“

So zitiert der Reiseführer den Schrifsteller Sir Patrick Leigh Fermor, der mit seinen Büchern die Maní, den mittleren der südlichen Peloponnes-Finger, berühmt gemacht hat. Heutzutage natürlich nicht mehr ganz zutreffend, der Tourismus hat auch diesen Finger längst eingeholt, allerdings in einer sehr netten, überschaubaren Art und Weise. Die eher karge, bergige Halbinsel bot keine einfachen Lebensbedingungen, und so herrschten unter den Manioten rauhe, barbarische Lebensgewohnheiten. Die Bewohner rauften sich in Sippen zusammen und ließen sich niemals, egal in welchen Kriegen, unterwerfen und ihrer Freiheit berauben. Erst spät wurde ein Vertrag ausgehandelt, um das Gebiet der Maní im griechischen Staat einzugliedern.

Um sich gegen drohende Angreifer zu wehren, bauten die Clans seit dem 17. Jahrhundert Wehrtürme, die gleichzeitig als Wohnhaus dienten. Jedes Dorf gleicht von weitem einer Burganlage, überall stehen sie, die quadratischen Steintürme, teils zusammengekracht und teils renoviert. Wir fahren die Halbinsel einmal ab und steuern auf den unzähligen Serpentinen immer wieder kleine, blaue Kiesbuchten an. Hier und da spitzen wir in die kleinen Hotels, die sich heute in den Türmen befinden – die sehen extrem hübsch aus! Ich nehm mir mehrfach vor, mich da mal einzubuchen, wenn ich Lust auf viel Ruhe, Wein und Stand Up Paddeln bekomm!

Wenn man so mit den Füßen im Wasser und einem Glas Weißwein in der Hand da sitzt und den Segelbooten beim Dümpeln zusieht, kann man sich schon echt nicht beschweren. Mit ein wenig Feta, Tsatsiki und Auberginensalat ist das Glück dann perfekt – vorausgesetzt, man sieht zu, dass man davon etwas abbekommt. Der kleine schimpfende Zwerg an Bord futtert uns nämlich gerade die Haare vom Kopf. „FDH“? Pah, „FDV“ („Friss das Viertel“) machen wir! Zum Glück meinen’s die Griechen mit ihren Portionen recht gut, die griechischen Salate, die wir serviert kriegen, könnten jedes Mal eine Grillparty versorgen.

Um die Souvlakis und Biftekis nicht als Mitbringsel auf den Hüften heimzubringen, muss sich mal wieder bewegt werden. Trotz der Hitze wandern (oder spazieren) wir zum Kap Tenaro – südlichster Punkt Griechenlands, südlichster Punkt der Festland-Balkanhalbinsel und zweitsüdlichster Punkt des europäischen Festlands. Superlativen sind toll, oder?

Von ganz da unten steuern wir jetzt wieder nach oben – wir sind fertig mit dem Peloponnes. Irgendwie wollen wir weiter nach Norden, ab in die Berge, mit der Hoffnung auf kältere Gefilde.

Um schnell voranzukommen, nehmen wir mal die Autobahn. Sonst versuchen wir immer, irgendwelche eventuell schönen Nebenstrecken zu nehmen. „Lass uns die kleine gelbe Straße auf der Karte nehmen, die geht direkt da rüber, könnte nett sein.“ Und schon finden wir uns mit 20 km/h auf einer Schotterpiste wieder und verlegen unser Tagesziel um 200 Kilometer zurück. Aber schön ist‘s dafür meistens! In den Bergdörfern, durch die man dann so gurkt, vermissen wir oft die Menschen. Die Fensterläden sind zu, hier und da kehrt mal einer die Straße, aber ansonsten scheinen sich die Bewohner meistens zu verstecken – mit Sicherheit vor der Hitze, nicht vor uns. Am Dorfplatz regt sich dann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit etwas. Im Kafénion oder der Taverne mittendrin sitzt immer ein Teil der männlichen Dorfbevölkerung, einen griechischen Mokka oder ein Bier in der Hand, und winkt uns freundlich zu. Freundlich sind sie überhaupt, die Griechen. Wir fühlen uns immer recht willkommen, und sind fast traurig, dass das mit der griechischen Sprache und uns nicht so recht anlaufen will. Die jungen Griechen sprechen ja meistens auch Englisch, und die ältere Bevölkerung zückt stolz ihr Smartphone, um den englischsprechenden Sohn anzurufen, der uns dann übersetzt, was sie uns kochen könnten.

An der Nordküste des Peloponnes angekommen, machen wir nochmal ein wenig Halt am Cape Drepano, der Kitespot hat es uns angetan. Den konstanten, ablandigen Wind und das spiegelglatte Wasser finden nicht nur wir toll – hier scheint sich die griechische Premier League des Kitesurfens zu tummeln. Die Tricks sind für mich in keinster Weise nachvollziehbar, da dreht sich jemand zigmal um irgendeine Achse (oder vielleicht auch um mehrere) und steht danach wieder recht gemütlich auf dem Brett und fährt lässig an uns vorbei. Die anderen Kite-Touristen, die wir da treffen, trauen sich auch erst mal nicht auf’s Wasser, erzählen dann aber von ihren EM-Erfolgen – ah ja. Tobi spornt so was ja eher an. Mich nicht. Ich zieh fleißig meine Bahnen hin und her und genieß einfach die Aussicht auf’s schöne Wasser – da müssen die Pro’s halt über mich drüber springen, sorry!

Wir besuchen noch den Kitestrand von Agios Nikolaos kurz vor Lefkada, haben leider Pech mit dem Wind und beschließen, uns jetzt ab in die Berge Richtung Albanien zu bewegen – bis zum nächsten Mal, hoffentlich bei mindestens 10 Grad weniger!!