Faleminderit! Zu mehr als zum „Danke“ auf albanisch hat es noch nicht gereicht. Die albanische wie auch die griechische Sprache überfordern uns. Da müssen wir uns leider auf die wichtigsten Übersetzungen beschränken, „bitte“, „danke“, „Bier“, „Wein“…

Wir sind also mittlerweile in Albanien. In Nordgriechenland haben wir noch einen kurzen Stopp eingelegt: in der Vikos-Schlucht. Sie ist nur halb so tief wie der Grand Canyon, aber hat es trotzdem als tiefste Schlucht der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Berücksichtigt wird hier nämlich die “Enge” der Schlucht, also das Verhältnis zwischen der größten Tiefe und der geringsten Breite. In jedem Fall ist sie beeindruckend schön, mit ihren senkrecht abfallenden Kalksteinwänden und Buchen- und Eichenwäldern ringsum.

Nach der Grenze (“just go, have fun!”) staunen wir erst mal über die hohe Mercedes-Dichte. Wir sitzen im Kaffee und trinken aufgeschäumten Nescafé (“Cappuccino”) und können sie gar nicht zählen, die alten 190er oder die neuen G-Klasse-SUVs. Ob jung oder alt, wer hier keinen Benz fährt, gehört irgendwie nicht dazu. Später erfahren wir, dass die deutschen Autos lange Zeit die einzigen waren, die den schlechten Zustand der albanischen Straßen überlebt haben, und daher gilt der Mercedes wohl immer noch als eines der verlässlichsten Autos. Wie oft fahren wir hier auf schlechter Piste und treffen dann irgendwo im Nirgendwo auf einen alten Mercedes-PKW – von wegen Offroad und so… Apropos, wir probieren‘s mal wieder. Wir versuchen, den Osum Canyon statt über die ausgebaute Nord-Strecke von Süden her anzufahren. Heute sind wir optimistisch, dass wir es dieses Mal schaffen. Die holprige Piste nach oben geht bisher ganz gut. Und dann kommt da dieses eine steile Stück mit losem Untergrund. Da fährt er sich wieder fest, der Fronttriebler, und wir seufzen. Hab ich schon erwähnt, was Tobi nach der Reise zuhause macht? Genau, Allrad einbauen. Unbedingt, umdrehen ist nämlich echt frustrierend. Aber wir nehmen’s dieses Mal gelassen und fahren stattdessen zu den Thermalquellen Banjo e Benjes an der Lengarica-Schlucht. Hier springen wir ins lauwarme Schwefelbecken vor der Kulisse einer alten osmanischen Brücke, eine ziemlich herrliche Entschädigung! Wie so oft ist hier alles noch frei, man kann einfach irgendwo mitten im Tal parken und übernachten. “Noch”, muss man betonen. Albanien galt vor 5 Jahren ja vielleicht noch als Geheimtipp, jetzt nimmt der Tourismus gerade ganz schön Aufschwung, und vor allem die Camper-Infrastrukturen werden ordentlich ausgebaut. In kurzer Zeit wird man solche Plätze nicht mehr einfach so ohne Eintritt besuchen können, da sind wir uns recht sicher. Ist ja auch klar, Albanien war so lange isoliert, und jetzt haben auch sie die Chance, am Tourismus teilzuhaben. Momentan ist noch Vorsaison, es geht noch einigermaßen gemächlich zu, aber an den Hot Spots treffen wir schon recht viele Camper. Da mag man sich gar nicht ausdenken, was hier im Hochsommer los sein wird. Nicht, dass uns „Touristen“ stören – wir sind ja selbst welche – aber manchmal ertappen wir uns dabei, wie wir uns die unendlichen Weiten Argentiniens zurückwünschen. Tagelang fahren, ohne eine Menschenseele zu treffen – das hatte schon echt was ;—)!

Was zu Schrauben wär mal wieder nett, oder? Aber bitte nicht am eigenen Auto, wenn’s geht. Super, dass uns da in einem kleinen Fischerdorf am Prespa-See ein Auto mit plattem Reifen den Weg versperrt. Endlich darf Tobi sein Werkzeug-Repertoire mal wieder auspacken. Der albanische Autobesitzer ist Musiker und muss dringend zum Hochzeitsgig. Schnell entsteht Leben auf der Dorfstraße, es wird wild debattiert, gehämmert und geflucht. Die Radmuttern sind bombenfest, sogar unser Hebel fängt schon an, sich zu biegen. Mittendrin sitzt Sophia und futtert zweifelhafte Gummi-Schoko-Bananen, die die nette Dame von nebenan hergezaubert hat. Die Nachbarschaft beschließt, den Wagen abzuschleppen, unserem Kompressor und dem Reifenflickzeug trauen sie irgendwie nicht so ganz. Mit ein wenig Überredungskunst darf Tobi dann aber doch ran, und wenige Minuten später ist das Loch gefunden und der Reifen zumindest für heute wieder funktionsfähig gemacht – Hochzeit gerettet! An der Kleinkind-Versorgungsfront gibt es mittlerweile ein Kilo Kirschen und Cola, da wird’s dann auch Zeit, einzugreifen. Und so verabschieden wir uns mit Obst und Kaltgetränken im Gepäck, und dem netten Gefühl, mal nicht im gestrandeten Fahrzeug zu sitzen…

Wir machen einen Abstecher nach Nordmazedonien, im Dreiländereck von Prespa- und Ohrid-See im Osten von Albanien ist man ja quasi schon da. Wir haben eigentlich gehofft, Sophias Reisepass gleich mal ein wenig füllen zu können, aber an den Grenzen läuft ja leider alles digital, vorbei sind die Zeiten der guten alten Stempel. Hier schlendern wir durch das bekannte Kloster von Sveti Naum und genießen ein wenig nordmazedonisches Urlaubsfeeling am Ohridsee. Gerade ist Wochenende, und halb Nordmazedonien scheint hier seinen Badeurlaub zu verbringen. Der See ist voll von Baustellen, sowohl noch laufende Bauprojekte als auch Bauruinen entdecken wir an jedem Eck. Überhaupt wären Fans des Lost-Places-Tourismus in Albanien und Nordmazedonien recht gut aufgehoben, da stehen schon einige augenscheinlich nicht mehr bewohnte oder nicht fertiggestellte Großbauten herum. Gleichzeitig sprießen neue Hotelprojekte am See wie Sand am Meer.

Der Ohrid-See liegt übrigens 200 Meter unterhalb des großen Prespa-Sees und wird von eben diesem unterirdisch gespeist. Gleich neben dem Kloster Sveti Naums kann man sich diese Besonderheit bei einer gemütlichen Bootsfahrt ansehen: im sandigen Grund der Quelle blubbert es fleißig, hier befindet sich der Zufluss aus dem Nachbargewässer. Recht beeindruckend, das Geblubber, auch wenn es auf den Bildern eher unspektakulär aussieht…

Auf der Suche nach einer Waschmaschine in Ohrid landen wir auf einem typischen Caravan-Platz: 50 Wohnwägen in Reih und Glied, wahrscheinlich aus den 70er Jahren, Innenausstattung echt fragwürdig. Mit dem Campingplatzbesitzer gibt‘s gleich einen netten Plausch, beziehungsweise mit seinem alten Schulfreund, der in die USA ausgewandert ist und uns gleich seine Lebensgeschichte à la „vom Tellerwäscher zum Millionär“ erzählt. Eine recht übliche Geschichte, vom Restaurantbesitzer zum Tankstellenwart, alle waren sie mal in Deutschland, Schweiz oder USA, oder haben mindestens eine Schwester, die dort lebt. Mit dem Verdienst wird dann Haus und Hof hier finanziert und in die Großfamilie investiert. Deutschland mag er, der Camping-Chef, und deswegen dürfen wir hier gleich umsonst stehen bleiben. Waschmaschine hat er keine, und die Sanitäranlagen lassen selbst Tobi rückwärts wieder umkehren – zum Glück haben wir ja alles an Bord, denn wegfahren geht jetzt nicht mehr, nach dem netten Gespräch bleiben wir natürlich da.

Über Nordmazedonien wissen wir echt wenig, also eigentlich nichts. Reiseführer haben wir für das Land keinen dabei und unsere albanische Touri-Sim-Karte gilt hier nicht – ich kann nichts googlen!!! Jedenfalls sind die Menschen recht redselig, der Wein ist gut und die Würste recht deftig. Weil der Diesel auch noch super günstig ist, beschließen wir, dass wir hier gut und gerne auch noch weiter ins Landesinnere fahren könnten – aber nein, dafür ist leider zu wenig Zeit, wir haben ja schließlich noch ein wenig Programm vor uns!