Allmählich wird es Zeit, das Hochland mal wieder zu verlassen. 4000 Meter weiter unten wartet die Küste Perus mit ihrer Wüstenlandschaft, vielen weiteren Steinhäufchen und vor allem den sandigen, windigen Stränden auf uns – Zeit, die Kites endlich wieder auszupacken! Aber erst mal langsam…

Von Cusco aus machen wir uns auf in die Berge, wir wollen zum Rainbow Mountain wandern, der Name ist Programm: die Natur hat hier nämlich eine echte künstlerische Glanzleistung hingelegt. Sedimentablagerungen in verschiedenen leuchtenden Farben machen aus den vielen peruanischen Bergen ein buntes Gemälde, in Kombination mit den schneebedeckten Giganten gibt das ein atemberaubendes Panorama.

Leider macht uns irgendetwas in meinem Magen einen Strich durch die Rechnung und wir müssen nach kurzem Aufstieg wieder umkehren. Aus dem Pech wird aber glücklicher Zufall, denn wir fahren zur Erholung in ein nahe gelegenes Frei-Thermalbad, Tobi darf ein wenig Warmwasserplanschen und ich einfach nur schlafen. Und dort gesellt sich auf dem Parkplatz doch tatsächlich ein T3 zu uns – Kennreichen Kalifornien, Inhalt zwei Erwachsene und zwei Kinder (!!!). Die Familie (Our Open Road) ist bereits seit knapp vier Jahren unterwegs – jawohl, zu viert im selben Bus wie wir! Wir sollten uns nie wieder über zu wenig Platz beschweren…

Wir stellen fest, dass wir das gleiche Ziel haben, denn wir wollen den Rainbow Mountain natürlich noch „zu Ende bringen“ und sie wollen in eben dasselbe Gebiet, um zu klettern. Und so fahren wir gemeinsam zurück und kommen zum zweiten Mal auf der Reise in den Genuss einer kleinen Kletterschule. Wir stehen ein paar Tage in einem 10-Häuser-Bergdorf, die Region ist noch ziemlich untouristisch, die zahlreichen angelegten Kletterrouten sind noch relativ neu und die umgebenden Berge voll von weiteren perfekten Kletterfelsen. (Noch) Unberührtes Peru, wirklich traumhaft!

Als unser Wasservorrat knapp wird, überlegen wir kurz, das Flusswasser zu verwenden. Das Wasser aus den Bergflüssen ist ja meist wahnsinnig sauber. Ich bin dagegen, wer weiß, was die Dorfgemeinschaft da reinkippt, wir haben in Bolivien und Peru ja schon so einiges gesehen…

Am nächsten Morgen werden wir von hellem Kreischen geweckt. Als wir aus dem Fenster blicken, hat sich das komplette Dorf auf der Wiese neben uns versammelt, sie schaffen Alpakas aus ihrer Herde heran, schneiden ihnen die Kehle auf und lassen sie ausbluten. Die Einwohner bereiten gemeinsam mit den Nachbardörfern eine Großhochzeit von vier Brautpaaren vor. Nach und nach schächten sie fast 20 Alpakas und nach zwei Stunden sind sämtliche Eingeweide und Fleischstücke fein säuberlich sortiert auf der Wiese ausgebreitet. Alle helfen freudig mit, die Kinder spielen zwischen den Alpaka-Resten und es läuft Musik. Gehört einfach zur Normalität, irgendwie auch schön, das zu erleben. Eine ist jedoch anfangs wenig begeistert – die 5jährige überzeugte Vegetarierin unserer kalifornischen Familie… Gewaschen werden die Eingeweide übrigens im Fluss – dito, Bauchgefühl…!!!

Den Rainbow Mountain schaffen wir dieses Mal ohne Komplikationen. Wir brechen bereits um 5:30 Uhr vom Start des Trails auf 4400 Metern auf, um den Massen der Touristenbusse aus dem Weg zu gehen, die täglich mit Emergency-Pferd im Schlepptau auch da hoch wollen. Nur die ersten Sonnenstrahlen und ein paar Hunde dürfen uns begleiten. Wir wandern durch’s goldgelbe Tal und dürfen zur Belohnung tatsächlich unser Frühstück allein auf 5300 Metern genießen, mit grandiosem Blick auf die schneebedeckten und bunt gestreiften Berge um uns herum.

Nach einem kurzen Zwischenstopp im dritttiefsten Canyon der Welt, dem Colca-Canyon, dem wir aber nicht allzuviel abgewinnen können, halten wir in Arequipa. Die „weiße“ Stadt aus hellem Tuffgestein im Süden Perus liegt nur auf 2335 Metern und erlaubt uns mal wieder, kurze Hosen zu tragen. Trotz Tobi’s Aversion gegen Kirchen und Klöster besuchen wir hier das Monasterio Santa Catalina – ein eindrucksvolles Beispiel für die im 16. und 17. Jahrhundert von spanischen Kolonisten geschaffenen Klosterstädte, in denen nur die reichsten und unbeflecktesten Familien Spaniens ihre zweitgeborenen Töchter steckten. Erstaunlich interessant, wir verbringen fast zwei Stunden hier und wundern uns darüber, wie abgeschirmt die Nonnen hier bis 1970 gelebt haben, anfangs sehr luxuriös, zum Schluss sehr armselig.

Zur Belohnung für uns fleißige Touristen gibt’s Alpaka-Steaks und Pisco Sour – den Wettkampf zwischen chilenischem und peruanischem Pisco Sour gewinnt unserer Meinung nach eindeutig Peru, sorry Chile!