Nach unserem spontanen Feiertagsurlaub in Gnrl. Piran haben wir uns dann an die Küste verzogen. Ein paar schöne Strand- und Kite-Tage in Mar Chiquita und Mar del Cobo, dann ging’s weiter an der Küste entlang Richtung Süden.

Unterwegs passieren wir immer mal wieder rote Fähnchen mit kleinen Schreinen. Hier verehren die Einheimischen den argentinischen Robin Hood, Gauchito Gil genannt. Er gilt als der Schutzheilige von Auto-, Bus- und Lastwagenfahrern. Um für eine unfallfreie Fahrt zu bitten, soll man beim Vorbeifahren hupen. Etwas ungewöhnlicher sehen die kleinen Schreine am Straßenrand aus, die von Plastikflaschen umringt sind. Das ganze ist keine Müllhalde, sondern soll an die Difunta Correa erinnern: zur Zeit des Bürgerkriegs soll eine Frau auf der Suche nach ihrem Mann in der Wüste Argentiniens verdurstet sein. Ihr Kind jedoch überlebte saugend an der Brust der toten Mutter. Auch die Difunta Correa gilt als Schutzheilige der Reisenden, und die Wasserflaschen werden als Opfergaben für Verdurstende da gelassen.

Wir fahren zu Walter, einem Bekannten von Tobi’s Eltern, nach Carmen de Patagones. Hier verbringen wir ein schönes Silvester direkt am Rio Negro, mit – wer hätt’s gedacht – viel Wein und Fleisch… Glücklicherweise ist Walter Besitzer einer Rinderfarm. Hier leben ca. 2500 Kühe auf 40 x 10 km Land und ernähren sich glücklich und zufrieden von Gräsern und produzieren Kälber. Aktuell war zufällig Besamungszeit der Kühe. Zusätzlich zur Besamung durch die ralligen Bullen wird auch Samen prämierter Bullen eingekauft und vom Tierarzt künstlich appliziert. Dazu müssen die läufigen Tiere in einer Herde von 100-150 Tieren erkannt und aussortiert werden. Eine läufige Kuh erkennt man daran, dass sie von einer anderen läufigen Kuh besprungen wird und dabei nicht flüchtet. Wenn sie sich ziert und abhaut, ist sie noch nicht so weit. Ganz einfach also. Wir durften beim Aussortieren der läufigen Tiere sogar mithelfen. Der Hobby-Gaucho stelle sich dazu stundenlang mitten in eine Kuhherde, bewaffnet mit Fernglas, Zettel und Stift, um die Nummer auf dem Ohrclip der erspähten läufigen Kuh dann zu notieren. Auf der Größe von vier Fußballfeldern muss dann jene ertappte Kuh aus den über 100 Tieren verfolgt und in ein Gatter getrieben werden. Klingt irgendwie unmöglich, funktioniert aber tatsächlich und macht auch noch Spaß! Im Labyrinth des Gatters bleiben die Tiere dann und warten auf auf den Tierarzt, der sie dann „mit Arm im Loch“ besamen darf – und fertig.

Die komplette Bewirtschaftung der Farmen und das Management von Besamung, Kontrolle und Verkauf der Kühe ist natürlich im Detail nicht so einfach, da bedarf es schon wirklich einiges an Organisation, schon allein wegen der Weitläufigkeit der Farmen und der Anzahl der Tiere. Hier haben wir einen wirklich großartigen untouristischen Eindruck in die Bewirtschaftung und das Gaucholeben bekommen – zu den Ursprüngen unseres geliebten Steaks…

Vielen Dank, Walter, für den spannenden Aufenthalt bei dir und vor allem für die grandiose Bewirtung (auch wenn wir dank dir jetzt echt einige angefutterte Kilos herunterhungern müssen…)!!! Wenn wir nicht mehr nach Deutschland zurückkehren sollten, macht Tobi eine Ausbildung zum Gaucho und ich werden die Besamung übernehmen – stopp, da sind eventuell meine Arme zu kurz…!?!