Plötzlich mag keiner mehr Spanisch mit uns sprechen! Wir sind auf dem Weg von Guatemala nach Belize, und schon am Grenzübergang spüren wir das. Staatssprache ist eben Englisch. Aber selbst Muttersprachler haben hier oft Mühe, alles zu verstehen. Wenn die Belizianer sich unterhalten, verstehen wir auch gar nichts mehr. Das klingt wie ein Mix aus Englisch und Spanisch. Verwirrend! Aber sehr lustig! Ach, jetzt hab ich’s – vielleicht es ja das Herkunftsland der Minions…?
„Britisch-Honduras“, so lautete der alte Name Belize’s, der britischen Kolonie. Eigentlich gibt es den unabhängigen Staat erst seit 1981, damit ist es das jüngste Land Amerikas. Und das zweitkleinste des amerikanischen Kontinents. Und irgendwie auch das, das am wenigsten zum Rest der Latinos außen herum passt. Die Bewohner fühlen sich deutlich zur Karibikküste hingezogen, der Großteil der Bevölkerung ist kreolisch (Nachfahren afrikanischer Sklaven und britischer Piraten). Und ja, Rastafari gibt es wirklich – zerzauste Dreadlocks am Kopf, mit dem Glimmstängel im Mund, gleiten sie chillig auf dem Fahrrad an uns vorbei. „Ey, man“ hören wir zigmal, „Ragga“ tönt aus allen Lautsprechern und es fühlt sich schlagartig nicht mehr nach Lateinamerika an. Interessante Abwechslung, und es gefällt uns! Es wird erst recht skurril, als wir durch die großen Farmregionen der Mennoniten fahren und durchweg blauäugigen, blonden Frauen und Männern begegnen. Die ursprünglich in Friesland gegründete Glaubensgruppe hat in Teilen Mexikos und eben Belize ihre neue Heimat gefunden. Die Familien leben in eher isolierten Kommunen mit eigenen Schulen, Banken und Kirchen nach sehr religiösen Werten zusammen. Die konservativen Kleider und Haarhauben der Frauen und die Latzhosen und ordentlichen karierten Hemden der Männer stechen einem sofort ins Auge. Außerdem sprechen sie deutsch. Im Nordwesten Belizes produzieren die Mennoniten mit modernen agrarwirtschaftlichen Methoden in ihrer weitläufigen Gemeinde einen Großteil der Lebensmittel des Landes – ohne sie wäre das Land in Sachen Vieh- und Milchwirtschaft und Gemüseanbau wohl aufgeschmissen… hören wir zumindest.
Belize könnte man in einem Tag durchfahren, um Zeit und Geld zu sparen, Belize ist nämlich teuer. Wir tingeln trotzdem ein wenig durch Wälder, Höhlen und Sandstrände, decken uns mit Marie Sharp’s berühmten Chilisaucen ein und beobachten die Windvorhersage. Den letzten Wind der Saison könnten wir noch erwischen. Und so beschließen wir, dass es jetzt endlich mal Zeit wär, über’s türkisfarbene Wasser zu schippern und eines der vielen Karibikinselchen zu besuchen. Gesagt, getan, wir buchen ein Apartment auf der Insel Caye Caulker und verlassen mit Kite-Gepäck bewaffnet den Bus für ein paar Tage. Die Insel, die durch Hurrikan Hattie in zwei Teile geteilt wurde, erreicht man nach nur 45 Minuten Fährzeit von Belize City aus. Wer auf barfuß steht, ist hier genau richtig: „No shoes, no shirt – no problem!“ Das Riff ist nur einige hundert Meter entfernt, und so zieht die Insel tauch- und schnorchelwütige Touris an. Ein wenig mit dem Kayak um die Insel schippern, grandiose Langusten vom Grill mit Blick auf das glasklare Wasser genießen und dem Sonnenuntergang am berühmten „Split“ zusehen, recht viel mehr gibt es eigentlich auch nicht zu tun! Wir fangen hier im flachen, warmen Wasser noch ein wenig Mädchenwind ab und lassen uns einfach vom Motto „Go Slow“ ein wenig treiben – was sollten wir auch sonst hier tun…?
Als wir nach drei Tagen mit der Fähre wieder am Hafen von Belize City anlegen, ist unser Go Slow-Mode dann auch schon wieder verflogen. Wir haben den Bus am 24-Stunden-doppelt-bewacht-und-eingezäunt-Parkplatz der Fährgesellschaft geparkt, gegen Gebühr natürlich, doch das ging mal in die Hose. Die Autoschlösser sind entriegelt, alle Schranktüren stehen offen und unsere Sachen sind durchwühlt. Unsere abschließbaren Schränke sind zum Glück noch verschlossen, und auch unsere Geheimverstecke nicht angerührt. Das einzige, was fehlt, ist der Staubsauger. Man mag’s kaum glauben, dieses Teil war ein Geschenk von Mathias, einem anderen Overlander, der ihn schon vom Vorbesitzer seines Campers vermacht bekommen hat. Das Gerät hat weder nach einem funktionstüchtigen Sauger ausgesehen noch hat es überhaupt jemals wirklich gut funktioniert. Herzlichen Glückwunsch, Herr Dieb, aber da wäre ja jede Bratpfanne im Schrank mehr wert gewesen… Wir sind erleichtert, nichts fehlt also wirklich, und vor allem die Schlösser und Scheiben sind nicht beschädigt. Trotzdem sind wir stinksauer und informieren natürlich die Wächter und die Fährgesellschaft. Und dann passiert, was auf diesem Kontinent leider so oft passiert: Der „Chef-Manager“ des Parkplatzes behauptet, dass nichts passiert sein kann, die Scheiben wären ja schließlich nicht eingeschlagen, Einbruch gibt’s also nicht. Wir legen Widerspruch ein, er dreht sich wortlos um und schickt uns seine Mitarbeiterin zur weiteren „Abfertigung“. Bei Kritik oder Beschwerden darf hier immer mit Ignoranz gerechnet werden. Die ewig lächelnde, junge Dame ruft dann immerhin die Polizei – was in vielen süd-/mittelamerikanischen Gegenden übrigens gar nicht immer die beste Idee ist. Da muss man immer Angst haben, dass ihr Schwippschwager gerade Dienst hat, der sich mit touristischem Trinkgeld für seine nichtsbringenden Dienste sein schlechtes Gehalt aufbessern will.
Erfreulicherweise sind unsere zwei rassigen Polizisten aber dann ganz nett. Sie erzählen uns von häufigen Autoüberfällen in der Gegend, da scheint’s ein paar sehr geschickte Herren zu geben, die per Draht die Autoschlösser aufkriegen und die Autos dann leerräumen. Nur sollte das eben normal nicht auf einem eingezäunten, bewachten Parkplatz passieren. Vorwurfsvoller Blick auf die Angestellte. Keine Reaktion, nur ein starres Lächeln.
Die Aufnahme der Daten, und daraus machen sie auch keinen Hehl, dient den Polizisten eigentlich nur, um an die Telefonnummer der hübschen Dame zu kommen. Aber immerhin bequatschen sie sie ebenso energisch, um uns zumindest unsere Parkgebühr für den vermeintlich bewachten Parkplatz zurückzuzahlen. Keine Antwort, sie lächelt immer noch. Die Polizisten ziehen ab, und Tobi folgt der Dame ins Büro, während ich mich gleich an die Grunddesinfektion des Autos mache. Tobi sitzt derweil noch 45 Minuten schweigend der Mitarbeiterin gegenüber – sie lächelt – wichtige Dinge wie die Erstattung von 30 US-Dollar darf nämlich niemand hier entscheiden, nur der Fährgesellschaftsboss, der in Miami wohnt. Und der segnet das Ganze dann endlich ab, der Chef-Manager taucht wieder auf und drückt Tobi mit einem irgendwie unpassenden „Thank you“ das Geld in die Hand und das war’s dann auch schon. Man hätte da noch ein klitzekleines „Sorry“ anfügen können – aber nein, wo denken wir nur hin, wir komischen Deutschen… Tobi verabschiedet sich von den beiden – mit keinem Lächeln…
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