“It is not the destination where you end up but the mishaps and memories you create along the way!” Penelope Riley
Recht hat sie! Verzichten könnte man trotzdem auf die Missgeschicke. Bucht man sie allerdings unter Erfahrung ab, bekommen sie schon wieder einen ganz anderen Stellenwert. Wir können jetzt nämlich – zusätzlich zur Wasserleitungs-, Elektro- und Solarinstallation auch Aufstell-Dachzelte herstellen. Oder zumindest reparieren.
Nein, wir sind nicht so sehr genervt, dass wir die Dreckskarre jetzt schon anzünden. Das war wirklich ein Versehen!
Wir haben den Bus zur Weiterreise fertig präpariert, am nächsten Tag wollten wir nach Ecuador aufbrechen. Zum Abschiedsessen von unseren hilfsbereiten Campingplatzbesitzern Melba und Jaky sollte es noch mitgebrachte Nürnberger Bratwürste, Kartoffelsalat und Sauerkraut geben. „Schnell, schnell“ noch die Kartoffeln gekocht, dabei hab ich noch „schnell, schnell“ etwas Spiritus nachfüllen wollen und schon hat’s „schnell, schnell“ Puff gemacht – eine Explosion im Bus. Sekunden später hat trotz schneller Löschaktion das Dachzelt und die Umgebung zu brennen angefangen. PVC-Plane brennt echt gut. Moskitonetz und Kitestoff ebenso. Der Alkohol und das Feuer sind bis auf die Vorhänge und den Fahrersitz gespritzt, aber uns ist nichts passiert, das war riesiges Glück im Unglück!
Auf den Schock hin hat’s so einige Nürnberger und Martinis gebraucht, bis unser Ehrgeiz wieder auferstanden ist. Ziel: die Herstellung eines neuen Dachzelt-Seitenteils mit Reißverschluss zum Öffnen und Moskitofenster, so wie vorher. Im 40 km entfernten Tumbes finden wir tatsächlich einen Laden, der uns LKW-Plane, Reißverschlüsse, Velcro-Klettbänder und angeblich bombenfesten Textilkleber verkauft, mit dem auch die Tuk-Tuk-Hauben verklebt werden. Hier werden wir an allen Ecken gewarnt, der Markt von Tumbes sei nichts für Gringos. Und so begleiten uns die Ladenbesitzer händchenhaltend durch den Mercado, bis wir dort sogar noch Moskitonetz-Stoff finden. Die Nähmaschine kriegen wir von der Campingplatz-Hausmama.
Zahlreiche Messungen und Planungen später fangen wir an, zu nähen. Die Nähmaschine Schweizer Fabrikats mag uns nicht so, sie funktioniert nur sporadisch. Als sie dann tatsächlich läuft, fällt der Strom aus. Bravo. Stimmungstechnisch ist das richtig gutes Timing. Aber was soll’s – irgendwann haben wir dann ein Moskitonetz-Fenster fertiggestellt. Und noch ein zweites. Das erste haben wir nämlich seitenverkehrt genäht, upps. Dafür haben wir jetzt ein Ersatzteil für die andere Seite – ziemlich clever, oder? Die PVC-Plane mag die Maschine dann aber endgültig nicht. Beim Versuch, Reißverschlüsse dran zu nähen, gibt sie dann ganz auf, die Plane ist total verzogen. Schluss für heute, da hilft nur noch Rum mit Cola.
Am nächsten Tag fahren wir dann nochmal nach Tumbes, neue Plane kaufen. Neue Konstruktion. Die Planenverkäufer freuen sich schon, heute machen sie gleich ein Foto mit uns. Der zweizahnige Nachbar entpuppt sich als Wachpersonal, er wirft freudig ein Auge auf unseren Bus, während wir uns nochmal durch’s Sortiment wühlen. Nachdem wir Melba’s gesamtes Nadelsortiment nun zerstört haben, ist uns mittlerweile klar, dass das eine Hausnähmaschine nicht schafft. Wir brauchen Hilfe. Den Profi für so etwas finden wir zum Glück in Zorritos, Reparaturen für Möbel und Tuk-tuks, genau das ist unser Mann. Nach ein wenig Diskussion mit ihm sehen wir ihm dann fast zwei Stunden zu, wie seine Nähmaschine auf unserer Plane ruckelt. Und sehen uns schon ein drittes Mal nach Tumbes fahren. Er grinst uns an und gibt uns zu verstehen, dass wir ihn mal machen lassen sollen. Gut. Und dann halten wir doch tatsächlich unser Zeltteil inklusive passend vernähten Reißverschlüssen in der Hand. Von Ästhetik und schöner Nähkunst wollen wir jetzt nicht sprechen – das gibt’s auf anderen Kontinenten.
Im Laden nebenan fragen wir noch nach Nähnadeln für die Nähmaschine. Die Verkäuferin schlurft uns entgegen und schüttelt den Kopf. Hat sie nicht. Wir deuten auf eine Kiste hinter ihr, Aufschrift „agujas para machina“ („Nadeln für die Maschine“). Zum Glück gibt sie uns die Box noch herüber, sie wirkt jetzt nämlich irgendwie beleidigt. Die Nadeln der Marke Singer sind uns zu lang, ob da noch andere in der Box sind? Nein, meint sie, da steht schließlich überall „S“ auf den Packungen, die sind also alle gleich lang, Größe „S“, versteht ihr? Ah ja, das große S im roten Kreis, steht hier also für die Größe, im Rest der Welt ist es einfach nur das Markenemblem…
Jetzt muss das Ganze noch an das Dach. Wir schneiden die alte Zeltplane aus, passen das ganze ein wenig an, und wagen uns dann mutig an’s Verkleben. Funktioniert relativ gut, innerhalb von zwei Tagen verkleben wir Schritt für Schritt vorsichtig die neue Plane an den guten Rest der alten, lassen alles gut trocknen und dichten den mit einer Aluleiste fixierten Unterrand zusätzlich mit SikaFlex und Silikon ab. Das Moskitofenster wird dann auch noch von außen verklebt. Unglaublich, vier Tage Arbeit, viel Frust und Geduld – mit der Nähmaschine, mit dem Bus und auch mit uns beiden – wir haben’s geschafft! Nächste Herausforderung, wo bist du??? (O-Ton Tobi: „Halt bloß die Klappe, jetzt reicht’s erst mal wieder!“)
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