Es geschieht tatsächlich. Und wir haben fast Tränen in den Augen, als die Hafenmitarbeiter die Klappe verschließen. Aber erst mal auf Anfang.
Die Halle in Röthenbach ist so etwas wie unsere Zweitwohnung geworden. Nach Feierabend und am Wochenende waren wir dort und haben im Bus, auf dem Bus und unter dem Bus gewerkelt, um unser künftiges Zuhause wohn- und fahrbereit zu machen (About Bus). Endgültig fahrbereit wurde er dann in Flo’s Werkstatt (About Bus) und das war wirklich bis zum Ende spannend. Der Bus hat uns schon nach dem Kauf ordentlich Nerven gekostet, und das sollte vorerst auch so bleiben. Die Verschiffung ist für Mitte Oktober fix gebucht, wir haben ein tschechisches Paar mit demselben Plan gefunden und teilen uns nun einen Container, der unsere Fahrzeuge von Hamburg nach Montevideo/Uruguay bringen soll. Am 14. Oktober morgens muss der Bus am Hamburger Hafen sein. Fahrtüchtig, versteht sich. Kurz zuvor überrascht uns unsere Katze im Sack jedoch mit einem Motorschaden. Neben allen anderen technischen Arbeiten also auch noch ein neuer Motor – die letzten Wochen vor der Verschiffung werden ziemlich nervenaufreibend. Aber unter Druck arbeitet es sich ja bekanntlich am besten. Und so kommt es, dass wir 48 Stunden vor Einschiffungstermin einen Sekt entkorken und den Motor das erste Mal anlassen. Einige Flüche und Justierungen später sitzen wir völlig übernächtigt im Bus und treten die erste Fahrt an. Leider ist dies keine Probefahrt, sondern bereits die Fahrt zum Hafen. Hopp oder topp, wer braucht schon Generalproben. Ein neuer Motor muss eingefahren werden, wir sind hundemüde und die Bremsen brauchen noch einige Feineinstellungen. Also tuckern wir mit 80 km/h durch die Nacht von Nürnberg nach Hamburg und stoppen halbstündlich, damit wir Kaffeenachschub kriegen und Tobi sich immer wieder unter’s Auto legen und irgendwas nachschrauben kann. Und wir kommen an! Ein wenig Bürokratie später fährt Tobi den Bus dann in die Kiste, er wird fest verzurrt, bekommt Gesellschaft vom tschechischen Ford Transit und urplötzlich stehen wir ganz allein da. Ohne unser fahrendes Haus, das nun 4-5 Wochen auf dem Containerschiff überstehen muss. Das World Shipping Council berichtet, dass täglich “nur” bis zu vier Container auf den Weltmeeren über Bord gehen. Wird schon schiefgehen, oder?
Vier Wochen haben wir jetzt Zeit, den Rest zu organisieren. Wir müssen unsere Wohnung auflösen, Möbel verkaufen, wichtige Dinge einlagern… und vor allem: uns von allen Menschen um uns herum verabschieden. Die Zeit geht schnell vorbei, wir feiern, kaufen, verkaufen, sortieren – und plötzlich ist es soweit: mit feuchten Augen und Sektbechern in der Hand stehen sie da vor der Sicherheitskontrolle, unsere Familien, und das ist definitiv der blödste Teil der Reise!
Unser gesamter Hausstand passt ja leider nicht in den Bus, wir mussten also ausrümpeln, verkaufen und wegsortieren. Erstaunlich, was man im Alltag alles so benötigt und auf was wir nun für unbestimmte Zeit erst mal verzichten müssen. Wir haben Jobs gekündigt, die Wohnung aufgegeben, Möbel verkauft, Versicherungen gestundet – unser „normales“ Leben steht erst mal still. Alles, was wir noch besitzen, ist bei unseren Eltern eingelagert. Auf den letzten Drücker haben wir noch Häufchen sortiert und ein kleines Chaos zuhause hinterlassen. Im Container sind bereits die praktischen Dinge wie Geschirr, Werkzeug oder Sportequipment. Bekleidung, Elektronik und alles, was uns zum Schluss noch so eingefallen ist, muss ins Fluggepäck passen. Genauso wie einige Ersatzteile. Die Nürnberger Flughafenkontrolle ruft mich aus und kuckt recht verdutzt, als ich ihnen mit vom Abschied verheulten Augen erkläre, dass wir den Turbolader da in meinem Koffer in Uruguay in ein Auto bauen wollen – seltsamer Urlaub.
Der Flug verstreicht in Nullkommanichts. Wir haben uns fest vorgenommen, unser Babbel-Sprachabo, das wir seit sechs Monaten bezahlen, wenigstens im Flieger endlich mal zu starten. Die Gin Tonics for free und der längst überfällige Schlaf kommen uns dabei aber leider in die Quere. Und so steigen wir plötzlich in Montevideo aus – Südamerika, wir sind da!
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